Neues vom Hochschulsport Bielefeld
Leonie Giebel kämpft am 23.03. um den WM Titel des Global Boxing Council!
Den Freunden des Boxsports ist Leonie schon als Kursleiterin aus unseren Hochschulsportkursen bekannt. Nicht immer sind sich die Teilnehmenden aber darüber im Klaren, dass da eine professionelle Sportlerin und vielleicht bald eine waschechte Weltmeisterin vor ihnen steht.
Den Titel Eurasienmeisterin der WBF hat sich Leonie bereits im Juni 2017 gesichert, jetzt will sie an gleicher Stelle ihre bisherige Boxkarriere mit dem WM Titel im Super-Federgewicht (Klasse bis 58,9kg) krönen. Damit dieser Traum war wird, ist eine dezidierte Vorbereitung notwendig, wie sie uns in einem kurzen Interview verraten hat.
HSP: Leonie, wie viel Zeit muss eine zukünftige Boxweltmeisterin für ihren Sport aufwenden?
LG: Mein Grundpensum liegt bei vier bis sechs Sporteinheiten pro Woche. Acht Wochen vor dem Kampf wird das Training dann noch intensiver. Das mentale Training eingeschlossen, gehen so circa vier Stunden am Tag für die Vorbereitung drauf.
HSP: Das hört sich nach einer Menge Arbeit an. Wie lässt sich das mit dem Aufwand für die Uni vereinbaren?
LG: Ich habe erst kürzlich von der Spitzensportförderung an der Universität Bielefeld erfahren. Dadurch wäre sicherlich einiges leichter geworden, aber ich habe es auch so ganz gut hinbekommen. Nach dem Wintersemester bin ich mit dem Bachelor in der Sportwissenschaft durch, die Bachelorarbeit ist auch schon geschrieben.
HSP: Was genau passiert da in den von dir erwähnten letzten acht Wochen? Wie kann man sich den Ablauf vorstellen?
LG: Neben dem rein sportlichen Aspekt sind vor allem die mentale Vorbereitung und die Ernährung wichtig. In dieser Zeit wird das Training natürlich auch noch mal deutlich intensiver, allein schon, weil man mehr Zeit mit dem Trainer verbringt. Es wird an der Technik und an der Ausdauer gefeilt, die Rundenzahlen am Sandsack werden höher. Drei Wochen vor dem Kampf sollte man konditionell in Topform sein und die Form bis zum Kampf halten. Außerdem findet das Sparring regelmäßig statt. Spätestens mittwochs vor dem Kampf, der üblicherweise am Wochenende stattfindet, ist die physische Vorbereitung dann beendet.
HSP: Kann man mit dem Sparring denn wirklich einen Kampf simulieren, nimmt man das ernst als Boxerin?
LG: Auf jeden Fall! Spätestens wenn hochkarätige Boxerinnen aus ganz Deutschland als Gegnerinnen einbestellt werden, wird es richtig ernst. Da zeigt man schon mal, was man draufhat.
HSP: Stichwort: mentale Vorbereitung – was kann man sich darunter vorstellen?
LG: Sobald ich weiß, gegen wen ich antrete, beschäftige ich mich ausführlich mit meiner Gegnerin. Ich nutze Visualisierungstechniken um den Kampf im Kopf durchzugehen, stelle mir vor, wie sie schlägt, wie ich den Schlägen ausweiche, wie ich sie treffe. Gerade die eins gegen eins Situation im Boxen erfordert eine gute mentale Vorbereitung. Ich werde mir dabei auch meiner eigenen Stärke bewusst und rekapituliere mein Training. Das ist mindestens genauso wichtig wie die sportliche Vorbereitung.
HSP: Wird die Gegnerin dann auch zu einem Feindbild? Muss man in einem Boxkampf Abneigung gegenüber der Gegnerin empfinden, um richtig hart einsteigen zu können?
LG: Nein, überhaupt nicht. Mich würden solche Gefühle während des Kampfes eher stören. Wenn ich die besprochene Strategie durchziehen will, muss ich voll auf meine Technik konzentriert sein. Aggression ist bei der technisch-taktischen Ausrichtung des Sports für mich fehl am Platz. Klar, die Person wird zur Gegnerin, sobald sie in den Ring steigt, aber danach sind wir eigentlich immer zusammen gut drauf.
HSP: Welche Rolle spielt die Ernährung in der Vorbereitung?
LG: Die Ernährung ist entscheidend, allein um fit zu sein. Zusätzlich geht es im Boxen natürlich darum, das Gewicht zu halten. Die meisten Boxer müssen vor dem Kampf ein bisschen Gewicht machen, bei mir sind das in der Regel so zwei bis drei Kilo. Ich fange spätestens vier Wochen vorher damit an, damit ich in der Woche vor dem Kampf noch vernünftig essen kann.
HSP: Was bedeutet das genau?
LG: Natürlich in erster Linie clean eating, kein Zucker zum Beispiel. Zwei Wochen vor dem Kampf wird das noch mal ein bisschen strikter. Da sind die Mahlzeiten genau getimed, auch die Portionsgrößen sind vorgegeben und natürlich die Verteilung der Makronährstoffe.
HSP: Wie schwer ist das, du hast ja wahrscheinlich auch ein Sozialleben?
Leonie (lacht): Man merkt das schon. Die Wochen vor dem Kampf hat man keine Lust mehr, abends rauszugehen, weil man sowieso nicht richtig mitziehen kann. Man muss ja auch abends rechtzeitig ins Bett gehen. Also in den acht Wochen vor dem Kampf könnte ich nicht feiern gehen, selbst wenn ich nur Wasser trinken würde.
HSP: Was passiert in den letzten 24 Stunden vor dem Kampf? Ich könnte zum Beispiel die Nacht davor nicht schlafen.
LG: Das ist auch so, wobei ich inzwischen ganz gut damit zurechtkomme und mich den Abend davor einigermaßen ablenken kann. Wenn das Wiegen am Tag vor dem Kampf gelaufen ist, kann man zumindest wieder vernünftig essen, das allein sorgt schon für Ablenkung. Der Kampftag selbst ist aber echt hart. Weil ich den Hauptkampf habe, bin ich erst um 12 Uhr nachts dran und bis dahin muss man einigermaßen ruhig bleiben. Ab einer gewissen Uhrzeit gilt es dann aber auch, sich ein bisschen hochzufahren.
HSP: Wie machst du das? Hilft der Trainer mit?
LG: Der Trainer hilft dabei, allerdings muss der vorher oft noch andere Athleten betreuen, es finden ja mehrere Kämpfe statt. Also nutze ich die Stimmung in der Halle und schaue mir die anderen Kämpfe an, um mich aufzuputschen. Am meisten hilft mir meine Musik, die ich entsprechend aufdrehe.
HSP: Was ist eigentlich deine Einmarschmusik?
LG: „War“, von System of a Down.
HSP: Letzte Frage: Wer wird den Kampf am 23.03. gewinnen?
LG: Wer den gewinnen wird? Ich. Ganz klar. (lacht).
HSP: Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast, Leonie. Viel Erfolg in der Vorbereitung!